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Ask the man who owns one |
Kapitel 2
Die Anfänge
1. New York & Ohio Company
Am 27. Januar 1891 riefen die Packard-Brüder mit den gleichen
Partnern mit denen bereits Packard Electric gegründet worden war (
C.F. Clapp, M.B. Tayler und Jacob Perkins) sowie New Yorker
Geschäftsleuten die New York & Ohio Company ins Leben. Sie
konzentrierte sich auf die Herstellung von Glühbirnen und
Transformatoren.
2. Winton
Sehr gut belegt ist der Auslöser der dazu führte, dass die Brüder
Packard-Brüder sich ernsthaft mit dem Bau eines eigenen Automobils
beschäftigten.
J.W. Packard hatte im August 1898 ein Winton-Automobil gekauft (das
13. das Alexander Winton in Cleveland, Ohio, gebaut hatte). Dass er
damit unzufrieden war, wäre eine Untertreibung, tatsächlich hatte er
bereits bei der Überführung von Cleveland nach Warren grosse
Probleme. Für die ca. 65 Meilen (105 km) benötigte er ca. 11 Stunden
und wurde, nachdem das Auto mehrmals liegen geblieben war,
schließlich das letzte Stück von vorgespannten Pferden gezogen. Aus
seinem erhalten gebliebenen Tagebuch und seiner Korrespondenz ist
überliefert, dass er bis Juni 1899 das Auto mehrfach für Reparaturen
ins Werk gebracht und Verbesserungsvorschläge unterbreitet hatte.
Alexander Winton, selber ein hervorragender Ingenieur und Hersteller
eines der besseren Autos in den USA, reagierte schliesslich gereizt
und veranlasste ihn zur überlieferten Bemerkung, Packard solle
besser selber ein Auto bauen, wenn er doch so klug sei.
3. Einzylinder und Ohio Automobile Company
Diesen Rat befolgte er sehr schnell und sehr gründlich. Vorerst
wurde Raum in einer Ecke der New York & Ohio Company bereitgestellt.
Von der Winton Motor Carriage Company warb er George L. Weiss ab,
Mitglied der Winton-Geschäftsleitung und mit $ 25'000 am Unternehmen
beteiligt. Diese Mittel flossen nun in Packards Projekt was Winton
derart erboste, dass er Weiss' Spuren im Unternehmen verwischen
liess. Selbst Weiss Auto, Winton Nr. 4, verschwand aus den
Werksaufzeichnungen - was Historiker jahrzehntelang irreführte.
In Warren bestand anfangs eine eher lockere Partnerschaft. An
Packard & Weiss waren James, William und Weiss mit je US$ 3000
beteiligt, organisatorisch war der Betrieb der New York & Ohio
Company angegliedert. Nachdem im Sommer 1899 auch noch Wintons
Werksleiter William Albert Hatcher abgeworben und als Chefingenieur
eingestellt worden war, wurde eine neue Rechtsform gefunden die auch
Hatcher einbezog.
James brachte fünf Patente ein. Bereits am 3. Juli 1899 wurde die
Ohio Automobile Company gegründet. William Packard zog sich zu
diesem Zeitpunkt zurück.
4. Modell A
Dass die Fahrzeuge als "Packard" verkauft würden, scheint von Anfang
an festgestanden zu haben. Bevor Hatcher Anfang Juli seine Arbeit
aufnahm, wurden nur Vorarbeiten ausgeführt. Bereits am 6. November
1899 konnte eine erste Testfahrt erfolgreich absolviert werden.
Modell A war ein leichter Wagen mit einem Rahmen aus geschweißten
Stahlrohren, einem Radstand von 71.5 in. (1816 mm) und gleich
grossen Vorder- und Hinterrädern (Reifen-Größe 34 x 3 Zoll) mit
Drahtspeichen. Gelenkt wurden die beiden Vorderräder mittels
Lenkhebel.
Der Einzylinder-Viertaktmotor war eine für die Zeit konventionelle
Eigenkonstruktion mit einem liegenden Zylinder. Der Kopf war nicht
abnehmbar. Den Vergaser lieferte die französische Firma Longuemar
über ihre Vertretung in den USA. Aus einem Hubraum von 2337 cm³
(142.6 c.i.) leistete der Motor 7 bis 7½ PS bei 800 U/min (nach
Association of Licensed Automobile Manufacturers A.L.A.M.).
Er war liegend unter der Sitzbank angebracht. Der Kühler fasste 15,1
Liter (4 Gallonen). Er war auf der rechten Seite direkt dahinter im
Fahrtwind stehend montiert. Über dem Motor und quer zur
Fahrtrichtung war der zylinderförmige Tank angebracht. Das manuelle
2-Gang-Planetengetriebe mit Rückwärtsgang (keine
Selbstverständlichkeit zu dieser Zeit) war an den Motor
angeflanscht. Unmittelbar nach der ersten Erprobungsfahrt wurde eine
H-Schaltkulisse für den Ganghebel eingebaut, eine patentierte
Packard-Erfindung.
Die Kraftübertragung zur Hinterachse erfolgte durch eine längs
mittig angeordnete Kette vom Getriebe zum Differenzial. Die
Untersetzung wurde individuell nach den Bedürfnissen des Kunden
gewählt. So hatte Packard Nr. 1 getriebeseitig ein Zahnrad mit 10
Zähnen und an der Hinterachse eines mit 68 Zähnen, etwa entsprechend
einem Übersetzungsverhältnis von 7:1.
Die Karosserie war als zweisitziger, offener Roadster in
Holzbauweise ausgeführt. Optional gab es im Heck eine ausklappbare
Bank für zwei rückwärts sitzende, zusätzliche Passagiere.
Dies war das erste Auto einer Serie von insgesamt fünf Exemplaren.
Alle waren noch vor dem Jahresende 1899 zumindest angefangen, einige
fertig gestellt. Alle wiesen individuelle technische Unterschiede
auf und stellen somit eine Art Vorserie dar. Die weiteren Exemplare
der A-Baureihe hatten eine auf 9 PS erhöhte Leistung. Die
Karosserien für alle fünf Fahrzeuge entstanden beim ortsansässigen
Kutschenbauer Morgan & Williams. Alle waren schwarz lackiert, hatten
mit Leder bezogene Sitze und optional eine vorne mittig angeordnete
Beleuchtung, allenfalls ergänzt durch Lampen seitlich an der
Sitzbank.
Die Fahrzeuge
Wagen Nummer 1 ist der beschriebene Versuchswagen. Er wurde von
James W. Packard gefahren. Das Fahrzeug stand jahrzehntelang
gemeinsam mit dem Modell F "Old Pacific" (erste Durchquerung des
nordamerikanischen Kontinents 1903) in einem Lagerraum der Packard
Motor Co. In Detroit. Nach James Packards Tod schenkte ihn seine
Familie der Lehigh Universität in Detroit mit der er seit seinem
Studium (Abschluss 1884) sehr verbunden war. Dies ist das einzige
noch existierende Exemplar eines Modell A.
Wagen Nummer 2 wurde ungefähr ein Jahr lang von William Doud Packard
gefahren, der damit weite Ausflüge unternahm. Eine Fahrt soll von
Warren bis zum Sommerhaus in Lakewood (New York) geführt haben.
Ein weiterer Wagen ging an George Weiss. Gemeinsam mit J. W. Packard
absolvierte dieser damit am 26. Mai 1900 eine weithin beachtete
Zuverläßigkeitsfahrt über 194 Meilen oder 312 km von Buffalo (New
York) nach Cleveland (Ohio). Dafür benötigten sie 13½ Stunden. Im
Nachgang zu diesem Anlass verwendete das Unternehmen erstmals den
Slogan „Ask the man who owns one“, der Überlieferung nach entstanden
als Antwort auf auf die Frage nach (nicht vorhandene) Broschüren.
Wagen Nummer 4 und 5 waren praktisch identisch. Verkauft wurde
einzig Nummer 5. Kunde war der Geschäftsmann W.D. Kirkham aus
Warren. Er wohnte einen Block von der Fabrik entfernt und sah die
Packards regelmässig wenn sie auf dem Weg zur Arbeit oder nach Hause
an seinem Haus vorbeifuhren.
Zu dieser Zeit gab es noch keine Fahrgestellnummern. Die für das
Modell A verwendeten Motoren trugen die Nummer 21 bis 26. Der Preis
für den Roadster betrug US$ 1200. Zur Grundausstattung gehörten die
erwähnten Lederpolster, eine große Petroleumlampe vorn und eine
kleinere seitlich an der Karosserie, eine Warnglocke mit
Fußbetätigung (anstelle einer Hupe; eine solche wurde später
eingeführt), Werkzeug und Öler. Die Zusatzbank kostete US$ 50 extra
und ein Lederverdeck US$ 75.
J. W. Packard und William Hatcher erhielten sechs Patente für
Detaillösungen am Packard Modell A.
5. Modell B
Im Frühling 1900 erschien mit dem Modell B eine weiter entwickelte
Version des Modells A. Es hatte bei gleicher Bereifung einen etwas
größeren Radstand von 76 Zoll (1930 mm). Der 9 PS starke (nach
A.L.A.M.) Motor des Modell A wurde weiterhin verwendet, neu war aber
ein Gaspedal für die Geschwindigkeitsregulierung. Eine andere
Innovation, die sich erst Jahre später allgemein durchsetzte, war
die automatische Zündverstellung.
Es gab zwei Karosserievarianten: Den Roadster mit zwei Plätzen und
das Dos-à-dos für vier, zwei davon wiederum mit dem Rücken zur
Fahrtrichtung. Die Farbe Schwarz war nicht mehr zwingend und zur
Grundausstattung gehörte zusätzlich zur Glocke auch eine am Lenker
befestigte Hupe mit Gummiball. Der Preis lag unverändert bei US$
1200 mit der Rückbank für US$ 50. Es standen nun verschiedene
Verdecke zu Preisen zwischen US$ 50 und US$ 75 zur Wahl.
Der etwa zur gleichen Zeit vorgestellte Oldsmobile Curved Dash
Modell R mit ähnlichem Konzept und 4 ½ PS kostete dank
Serienfertigung ab US$ 650.
Ab 13. April 1900 begann die Auslieferung der Fahrzeuge mit einer
Kapazität von zwei Exemplaren pro Woche. Das erste Exemplar ging
einer Zeitungsmeldung zufolge (damals war die Auslieferung eines
Automobils eine Meldung wert) an „einen Gentleman in Cleveland“:
George Weiss.
Innerhalb von einem Monat nach der ersten Auslieferung kauften
mindestens acht Bürger von Warren einen Packard. Der erste von ihnen
war Charles Harris der sein Auto am 17. April in Empfang nahm. Die
Begeisterung im Ort scheint sich in Grenzen gehalten zu haben;
bereits im Mai suchten die genervten Besitzer juristischen Beistand
bei W.W. Sibley um ihre Rechte als Strassenbenutzer durchzusetzen.
Mit einiger Berechtigung, wie Williams Sohn Warren Packard, jr.
feststellte. Seine Aufgabe war es nämlich, auf mutwillig verstreute
Glasscherben und Nagelbretter aufzupassen welche wütende Farmer oft
auslegten um so ihrerseits gegen rücksichtslose Fahrer zu
protestieren welche die jeweils beste Legehenne überfuhren und
Pferde und Vieh scheu machten. Die Automobilisten begannen
daraufhin, mit allerlei Stoffen als Ersatz für die Luft in den
Reifen zu experimentieren. Die besten Ergebnisse wurden mit einer
Mischung aus Kleister und Hühnerfedern erzielt welche ein einzelnes
Loch abdichten konnte; zuviele Nägel konnten aber zu einer Explosion
des Reifens führen sodass Fahrer und Passagiere aussahen wie
„geteert und gefedert“.
Im September 1900 wurde die Ohio Automobile Company gegründet an der
die Packards, Weiss und hatcher beteiligt waren.
Gemäss persönlichem Tagebuch von J. W. Packard verließen 49 Packard
Modell B bis Ende 1900 (eventuell Frühling 1901) die Werkstatt in
Warren. Bis dato ist nur ein einziges überlebendes Exemplar bekannt.
Der 10. gebaute und zweitälteste existierende Packard wurde neu von
einem Fahrradhändler in Painesville, Ohio, gekauft welcher vom Auto
so überzeugt war, dass er die erste Packard-Vertretung in seinem
Heimatort übernahm.
6. Modell C
Das Modell C erschien im November 1900, erneut als Weiterentwicklung
des Vorgängertypen. Innovativ, wenn auch wahrscheinlich keine
Weltneuheit, war die mit Lenkrad betätigte Schneckenlenkung. Der
Fahrer saß rechts. Das Volumen des Motors wuchs auf 3012 cm³ (183.8
c.i.) und die Leistung stieg auf 12 PS (A.L.A.M.). Damit war eine
Geschwindigkeit von 25 MPH (40 km/h) möglich. Packard bot nun aber
als Zubehör einen dritten Gang an. Mit diesem waren über 30 MPH
(über 48 km/h) erreichbar.
Das Modell C erhielt größere Drahtspeichenräder der Dimension 34 x
4. An die Stelle der einzelnen Petroleumlampe traten jetzt zwei
Öllampen von Dietz. Angeboten wurde es in zwei Versionen: Als
Roadster mit wahlweise zwei oder vier Sitzen (die hintere Bank immer
noch rückwärts gerichtet) und einem Radstand von 75 Zoll (1905 mm)
oder als sechssitziges Tonneau mit Heckeinstieg für die hinteren
Passagiere (manchmal auch Surrey genannt) auf dem bisherigen
Radstand von 76 Zoll (1930 mm). Einige Quellen nennen auch einen
weiteren Roadster mit vorwärts gerichteter, erhöhter Sitzbank
(später sollte man diese Bauform ("Roi-des-Belges"-Touring“ nennen).
Jede Variante kostete US$ 1.500.
An der ersten New Yorker Automobilausstellung im November 1900
stellte Packard ein Modell C und das letzte produzierte Modell B
aus. In der Werbung wurden diese Fahrzeuge manchmal "Standard 9 HP"
(B) und "Special 12 HP" (C) genannt..
Insgesamt wurden 81 Modell C gebaut (Motor-Nummern 29 bis 140), 4
davon sollen noch existieren.
7. Modell E
Über ein Modell D ist nichts bekannt. Um zukunftsfähig zu bleiben
musste das bisherige, recht erfolgreiche Konzept überarbeitet
werden. Packard ging das Problem mit den Modellen E und F an. Vom
Modell E gibt es wenig Unterlagen. Ausser dem Motor des Modells C
hatte es kaum Gemeinsamkeiten mit den früheren Typen. Nur ein
Exemplar wurde gebaut (Motor Nummer 71). Das Fahrgestell mass 84
Zoll (2134 mm). Der Aufbau war ein Surrey für vier Personen mit
erhöhter hinterer Sitzbank. Die Karosserie war schwarz lackiert.
zurück
Wir bemühen uns um die Erhaltung der
historisch bedeutenden Packard-Fahrzeuge.
Der Packardclub Schweiz wurde 1993 von einer stattlichen Zahl von
Packard-Besitzern gegründet.
Gegenwärtig zählen wir rund 40 Mitglieder, alles Leute welche ihre
Wagen mit grossem Enthusiasmus pflegen und natürlich auch fahren.
Der Packardclub Schweiz ist dem amerikanischen "Mutterclub" Packard
Automobile Classics. Inc. als sog. Overseasregion angeschlossen,
aber trotzdem völlig unabhängig.